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Richard Orlinski

Interview mit Richard Orlinski
 

BORN WILD

„Emotion ist die Übersetzung eines Grundbedürfnisses. Sein Ausdruck ist nicht nur sein Echo – es ist das Leben selbst.“ 

Richard Orlinski wurchs im Pariser Marais, einem künstlerischen und weltoffenen Bezirk der Hauptstadt, auf, dessen Flair den jungen Künstler als Kind stark beeinflusste. Seine Liebe zur Kunst jeglicher Art verstärkte sich auf Grund Orlinskis Erkrankung am Asperger-Syndrom, da es die Beziehung zu anderen Menschen zwar erschwerte, dafür aber den Zugang zum eigenen Empfinden förderte und äußere Eindrücke zurücktreten ließ. Orlinski widerstand der Opferrolle dieser Beeinträchtigung, schöpfte Kraft und Energie, sodass er mit den Jahren aus einem Handicap einen Katalysator für seine Emotionen und Handlungen schaffen konnte. 

 „Welche treibende Kraft steckt hinter der Idee für BORN WILD?“

Richard Orlinski: „Dieses Projekt basiert auf meinen Untersuchungen eines fast unbekannten Naturphänomens: der plötzlichen Sturmböe. Sie wird von Seemännern gefürchtet – zu Recht – und ist absolut unberechenbar. Gerade war der Himmel noch blau und die See ruhig, und auf einmal, für nur wenige Minuten, bricht ein Sturm los mit einer unglaublichen, destruktiven Kraft. Dieselbe Explosivität steckt in manchen Menschen, macht sie unkalkulierbar und gefährlich. Sie kann Schicksale beeinflussen und ganze Leben verändern…“ 

„Inwiefern ist die Materialwahl, in diesem Fall Harz, ausschlaggebend?“

Richard Orlinski: „Harz mag langweilig und träge erscheinen, in Wirklichkeit ist es sehr spannend. Ich denke, ein Künstler entscheidet sich bewusst für dieses Material, um sein Werk mit einem bereits gefertigen Stoff abzurunden, ihm Leben einzuhauchen, und um mit ihm eine bestimmte Aussage zu transportieren. Zudem nimmt das menschliche Auge nicht direkt wahr, was im Harz verborgen ist, seine eigene Bewegung und welche Lebensformen in ihm bewahrt sein mögen. Diese Kombination von traumähnlichen Eindrücken und wissenschaftlichen Erkenntnissen vereint sich zu einer einzigartigen Form des Lebens – eine, die mir sehr gefällt. 

Einige der Krokodile, die Richard Orlinski geschaffen hat, kann man im Pariser Murano Urban Resort besichtigen. Im brodelnden Marais, zwischen Hotels, Galerien, Bars und Erholungszentren, ist der neuer Szenetreff der Hauptstadt entstanden. Hier, wo sich Avantgarde, Luxus und Pop Art vereinen, ist der perfekte Ort für BORN WILD. 

Als sachkundiger und anspruchsvoller Ideensammler hat Orlinski es geschafft, sein künstlerisches Potential an zahlreichen Orten zum Ausdruck zu bringen und die verschiedensten Teile der Welt besucht. Auf diesen Reisen beobachtete der Künstler das mehr und mehr agressive, impulsive Verhalten der Menschen um ihn herum und fasste daraufhin den Entschluss, diese Erkenntnisse mit anderen teilen zu wollen. Orlinksi bemerkte vor allem eine ausgeprägte Gewalttätigkeit, die wie ein notwendiges Übel das menschliche Handeln reguliert.

Richard Orlinski formuliert seine Gedanken folgendermaßen: „Die Evolution hat zu einem ambivalenten Rückschritt unserer Verhaltensformen geführt: auf äußere Einflüsse reagieren wir mit einem ständigen Konkurrenzkampf oder dem totalen Rückzug. Trotz Bildung, Kultur und weit fortgeschrittener Sozialisation nutzt der Mensch zum Teil grundlose Gewalt und profitiert von ihr, um sich feindliches Terrain zu sichern oder um seine Macht gegenüber anderen Menschen zum Ausdruck zu bringen. Unser Verhalten bleibt bestimmt von dem primitievsten Teil des Gehirns, welches Wissenschaftler auch als reptilisches Gehirn bezeichnen. Es sitzt tief in unserem Kopf und kontrolliert all unsere Triebe. Dieses Organ ist Teil unserer Urgeschichte und es ‚liefert eine fertige Antwort, die nicht improvisiert werden kann‘, wie bereits der französische Forscher Henri Laborit formulierte. 

Im Krokodil, dem hochentwickelten, impulsiven Wesen, manifestiert sich die rohe menschliche Emotion, die Richard Orlinski
in BORN WILD auf unmittelbare Art eingefangen hat. In diesem Werk treffen brutale, impulsive Gefühle auf eine wilde und ursprüngliche Anmutigkeit und offenbaren einen Instinkt, der in uns allen schlummert.
 

Hier findet der Mensch die soziale Identifikation, nach der er immer gesucht hat.