Das offizielle Kunstmagazin für Kunstliebhaber

Günther Uecker und seine optischen Partituren

Günther Uecker und seine optischen Partituren


Die Titulierung Nagelkünstler, berührt den 1930 geborenen Künstler kaum noch. Der Nagel ist in den Jahrzehnten sein Markenzeichen geworden. Dabei versucht Günther Uecker mit seinen Nagelbildern Erfahrungen zu verarbeiten. Der Stahlstift ist dabei mehr als nur ein Werkstoff zu Erstellung eines Kunstobjektes. Für Günther Uecker beinhaltet der Nagel eine besondere Symbolik. Für ihn ist dieser Gegenstand das Gleichnis für Verbindung, zugleich aber auch ein logischer Kontrast in sich: Der harte Nagel, verbindet das zarte Holz. Ein künstlich geschaffenes Stück Stahl, welches in der Erde seinen Ursprung hat, geht eine Symbiose mit dem auf der Erde gewachsenen, lebenden Holz ein. Dadurch rüttelt Günther Uecker an Existenziellen. Der Nagel steht stellvertretend für das Tote, die von ihm verwendete Farbe weiß als Symbol für das Leben.

Wer sich mit der Biographie von Günther Uecker näher beschäftigt, entdeckt auch, was für eine Art Schutzvorrichtung seine Nabelbilder sind. Als Kind musste er einen tyrannischen Vater ertragen, der auch vor körperlicher Züchtigung nicht zurückschreckte. Solche Erfahrungen hinterlassen Narben in der Seele. Gleich Nägel stecken diese Ereignisse in dem Künstler selbst für immer fest. Wer Günther Uecker verstehen will, muss so zu sagen, hinter das sehen, worin die Nägel stecken.

Die weiße Farbe steht bei dem Kunstschaffenden auch für eine kosmische Unendlichkeit. Günther Uecker empfindet alles, wie er in einem Interview erklärte, als einen großen kosmischen Raum. Derartige Dimensionen lassen sich nur schwer einer Struktur unterwerfen.

Nur wirklich große Ereignisse haben die Kraft, entstehende Zwischenräume zu füllen. So ist Günther Uecker ein Suchender, auf seinen eigenen Spuren. Dieses Lebensverständnis bildet sich in seinen Werken wieder. Die Nägel sind einer gewissen Ordnung unterworfen und doch nicht geordnet. Ein sich selbst organisierendes Chaos, das sich in einem Zentrum der Unendlichkeit findet. Flüchtiges wird auf Günther Ueckers Kunst greifbar und entzieht sich doch ganz diskret. Unselektiertes gewinnt an Gewicht und bleibt trotzdem bedeutungslos.