INTERVIEW MIT JÖRG DÖRING ZUM THEMA KUNST
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Biographie von Jörg Döring
Das Interview zum Thema Donald und Mickey:
Dieses Interview hat so nie stattgefunden. Vielmehr ist es eine Zusammenstellung der Fragen, die mir zu jeder Ausstellung oder Vernissage immer wieder gestellt werden. Diese Fragen sind jetzt endgültig und für alle beantwortet. Ab sofort erwarte ich neue Fragen!
– Wie fing alles an?
Die ersten Bilder entstanden 1988. Zunächst waren Donald und Mickey nur als Detail in Bildern, die amerikanische Ikonen und Symbole zum Thema hatten, zu finden. Als nächstes habe ich dann schwarze Mickeyköpfe auf Phosphorfarbe, die sich mit Licht auflädt und im Dunkeln leuchtet, gemalt (war damals noch in Dosen zu kaufen, obwohl extrem gesundheitsgefährdend). Ich fand diese Idee sensationell, bis ein Galerist meinte, seine Kundschaft setze sich nicht im Dunkeln vor die Bilder, um zu sehen, wie sie leuchten… Donald und Mickey blieben aber eines meiner Themen, wenn auch zunächst nur eines neben anderen.
– Warum gerade Donald?
Meine Beziehung zur Figur Donald Duck hat sich nur sehr langsam entwickelt. Die ersten Bilder haben Donald zunächst auch nur als das wiedergeben, wofür er bekannt ist, als Comicfigur. Auch optisch war mein früher Donald sehr Comic-haft dargestellt, und die Art und Weise, wie ich die Figur ins Bild eingebunden habe, war auch typischer Comicstil. Zu dieser Zeit war nicht absehbar, welchen Verlauf meine Arbeit mit Donald noch nehmen sollte. Mit der Zeit fand ich dann immer mehr Gefallen an der Figur selbst. Die Konstruktion, die Vielseitigkeit und vor allem die Zeitlosigkeit Donalds begeisterte mich zunehmend. Mit dieser Begeisterung für die Figur entwickelte sich die Darstellung und Wiedergabe immer weiter weg vom flachen Comic hin zu einer plastischen Darstellung. Donald wurde zusehends realer! Gleichermaßen wie auch die Geschichten immer weniger denen des Comic-Donalds glichen und vielmehr Geschichten aus dem realen Leben Einzug in die Bilder fanden. Donald entwickelte sich immer mehr zu einem Symbol und Repräsentanten für alle und jeden. Die restlose Begeisterung resultiert letztlich aus der Tatsache, dass nach so vielen Jahren Arbeit mit Donald immer noch kein Ende der künstlerischen Möglichkeiten sichtbar wird. Donald bietet eine schier unermessliche Darstellungs- und Gestaltungsvielfalt. Offenbar scheint alles mit dieser Figur möglich. Bisher kann ich noch kein kreatives Ende absehen.
– Ist Donald ein Verlierer?
Für mich nicht. Wenn man die Besonderheit und Einzigartigkeit der Figur entdeckt, sowohl im künstlerischen Sinn als auch im Symbolgehalt, sieht man Donald nicht mehr als Verlierer. Die Tatsache, dass Donald sich als Verlierer darstellt, ist reine Täuschung, um Sympathien (fishing for compliments) zu gewinnen. Und es funktioniert nun schon über Jahrzehnte. Wer oder was hat Ähnliches geschafft?
– Ist Donald Kunst?
Was nun Kunst ist und was nicht, darüber wird man sich wohl immer streiten können. Vor dem Hintergrund der Tatsache aber, dass diese Figur alleine überall in der Welt und zu jeder Zeit die unterschiedlichsten Gesellschaften so treffend reflektieren und wiedergeben kann, macht ihn für mich zu einem der größten Universalkunstwerke überhaupt.
– Haben Sie bzw. lesen Sie die Comics?
Wie jedes Kind habe ich die Comics gelesen. Das war es dann auch. Auch wenn ich heute noch alle Disney-Comics kaufe, lese ich keine. Zuletzt kamen noch ein paar schwedische Kalle-Anka-Hefte (Schwedisch für D. Duck ) dazu, die sollte ich vielleicht mal lesen…
– Macht die Arbeit noch Spaß nach so vielen Jahren?
Die Vielseitigkeit und Flexibilität der Figur bieten jeden Tag die Chance, sich selbst zu übertreffen. Das motiviert! Selbst extreme Versuche, an die Grenzen der Figur zu stoßen, haben gezeigt, dass Donald alles locker mitspielt. Mit Schrecken werden sich jetzt ein paar Galeristen an die perspektivisch verzerrten Donalds erinnern, aufgrund derer sie um ihre Verkäufe fürchteten. Egal! Ich fand’s sehr interessant, sehr neu, und wenn man wusste, wie man diese Bilder sehen musste, auch sehr schön. Künstlerisch wertvoll war es allemal! Aber eben diese Freiheiten im Umgang mit der Figur machen das Thema dauerhaft spannend.
– Woher kommen die Ideen (1)?
Woher sie kommen, weiß ich nicht, sie sind einfach da. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man überhaupt keine Ideen hat, um auch nur ein einziges Bild zu malen, das Publikum bestätigt mir jedoch, dass dies eher der Regelfall ist. Es ist für mich einfach ganz normal, viele Ideen zu haben. Natürlich liegt zwischen Geistesblitz und Endergebnis viel, viel Mühe. Viel schwieriger ist die Entscheidung, welche der Ideen denn nun die beste ist und auch umgesetzt wird.
– Woher kommen die Ideen (2)?
Die Ideen sind einfach da. Man muss sich nur umsehen bzw. -hören. Viele der Geschichten sind auch meine eigenen. Die Figur Donald hat bei mir nichts mehr mit der ursprünglichen Comicfigur zu tun und muss demzufolge auch nicht mehr wie im Comic funktionieren. Donald steht bei mir als Repräsentant und Symbol für alle. Insofern kann er auch alle Geschichten wiedergeben. Die Storys in den Bildern verändern sich mit der Zeit aber auch immer wieder. Während z. B. in den ersten Jahren klar dargestellte Situationen und Geschichten erkennbar waren und sofort verstanden bzw. interpretiert wurden, bin ich mit der Zeit dazu übergegangen, die Geschichten und Darstellungen offen zu lassen. D. h. es gibt mehr Raum für Spekulationen und Diskussion. Gleichzeitig hat der Betrachter mehr Möglichkeiten, diese offene Geschichte auf sich bzw. eine vergleichbare ihm bekannte Situation zu beziehen. Die Bilder behalten auch mehr Geheimes, weil die Frage, um was es denn nun wirklich geht, zunächst unbeantwortet bleibt.
– Haben Sie von Donald schon mal geträumt?
Nein. Noch nie.
– Malen Sie auch andere Comicfiguren?
Eigentlich nicht. Wenn es aber die Story erfordert, kommen schon mal die Frauen dazu, sprich Daisy und Minni. Als Hauptfiguren begrenze ich mich aber auf Donald und Mickey, weil diese beiden die größte Symbolkraft haben. Mit anderen Charakteren kann ich nicht so viel anfangen. Oder sollte ich etwa Schneewittchen und die sieben Zwerge malen…?
-Malen Sie auch Aufträge bzw. Bilder nach Wunsch?
Nein, grundsätzlich nicht! Dieses letzte Stück Freiheit, entscheiden zu können, was ich letztlich malen möchte, ist mir fast heilig. Schon der Gedanke daran, etwas für jemanden nach dessen Vorstellungen anzufertigen, demotiviert mich total. Das Ergebnis sähe entsprechend aus… Hinzu kommt, dass die Ideen, die mir vorgeschlagen werden, meist auch nicht besonders originell sind.
– Wie lange arbeiten Sie an einem Bild?
Dazu mache ich keine konkreten Aussagen, weil der Zeitaufwand nichts über die Qualität aussagt. Man kann in einer halben Stunde etwas Geniales schaffen oder Wochen arbeiten, ohne dass etwas Brauchbares übrig bleibt. Des Weiteren arbeite ich nie an nur einem Bild, sondern an Gruppen von 5 – 10 Bildern gleichzeitig. Alle Arbeiten stehen verteilt im Atelier und entwickeln sich gemeinsam. Der Vorteil dieser Arbeitsweise ist, dass die Bilder sich gegenseitig in der Qualität auf ein möglichst hohes Niveau bringen. D. h. ein gutes Bild verlangt von mir, die anderen noch so lange zu verbessern, bis keine großen Qualitätsunterschiede mehr bestehen. Großformatige Bilder, z. B. im Format 200 x 300 cm, können auch nur schrittweise gearbeitet werden. Die Technik bzw. Trocknungszeit der Ölfarbe verlangt es, an mehreren Bildern gleichzeitig zu arbeiten. Erst der Luxus eines großzügigen Ateliers macht so eine Arbeitsweise möglich.
– Wie fangen Sie ein neues Bild an?
Gibt es Vorzeichnungen oder Entwürfe? Vorzeichnungen mache ich sofort auf der Leinwand. Es gibt also keine kLeinen Arbeiten auf Papier oder Entwürfe als Vorstufe zum Bild. Direkt auf der Leinwand zu skizzieren und entwerfen hat den Vorteil, dass man gleich in den richtigen Dimensionen und Proportionen arbeitet. Eine kleine Skizze, die nur vergrößert wird, hat immer viele Fehler. Deshalb kann ich auch keine Zeichnungen aus Comics verwenden, weil diese Figuren – hochgezogen auf meine typischen Formate – absolut aus der Form bzw. Proportion wären. Auf der anderen Seite bin ich durch die Tatsache, dass ich immer im Großformat zeichne, nicht der Beste, wenn es darum geht, kleine Zeichnungen auf Papier zu machen. Was mich aber auch nicht besonders interessiert, weil ich Maler sein möchte und kein Zeichner… – Malen Sie auch kleine Bilder? Warum sollte ich? Auf einer kLeinen Leinwand habe ich nun wirklich keinen Platz, um eine Story zu erzählen. Die Figuren müssten so weit schrumpfen, dass sie nur an Ausstrahlung und Kraft verlieren. Außerdem brauche ich Raum für Fläche und Farbe, um eine bestimmte Stimmung zu inzenieren. Wenn überhaupt, geht es bei den kLeinen Formaten, also alles unter einem Meter, meist nur um die Hoffnung, dass die Bilder entsprechend günstiger werden. Das funktioniert natürlich so nicht. Große Formate bekommen außerdem immer den wichtigsten Platz in jedem Gebäude. Und da möchte ich auch hängen und nicht in der Ecke, wo noch gerade was Kleines hinpasste.
– In welcher Technik arbeiten Sie?
Klassisch, in Öl auf Leinwand. Bis Ende 98 habe ich mit pastosen Acrylfarben gearbeitet. Nach so vielen Jahren war dieses Material aber für mich absolut ausgereizt. Der Wechsel zum Öl war nur konsequent und hat trotz aller damit verbundenen Schwierigkeiten neue Türen geöffnet. Die wesentlich längere Trocknungszeit der Ölfarbe sehe ich mittlerweile als großen Vorteil, und an den Geruch gewöhnt man sich. Die Vorteile der Ölfarbe sind die wunderbare Farbtiefe und Sättigung. Die Leuchtkraft ist einzigartig und bleibt auch nach dem Trocknen, anders als beim Acryl, erhalten. Den unterschiedlichen Glanz der einzelnen Farbtöne lasse ich gewollt bestehen. Kein Bild wird gefirnisst. Auch die Schrift des Pinsels ist deutlicher lesbar. Mit der Strichrichtung und der Dicke des Farbauftrages arbeite ich als Stilelement. Es ist also kein Zufall, ob der Strich von oben nach unten oder von schräg nach quer verläuft. Jedes kleinste Detail, jede „Verschmutzung“ und Struktur dient einem Zweck. Farbe aus der Tube auf Leinwand zu verteilen ist vielleicht ein schönes Hobby. Ich suche nach einem virtuosen Umgang mit Farbe…
– Wer bzw. warum kauft man diese Bilder?
Warum ist doch nicht wichtig, sondern nur, dass jemand überhaupt kauft, oder? Im Ernst: Es gibt keinen typischen Käufer. Leute unterschiedlichsten Alters kaufen diese Arbeiten. Es gibt zum Glück keine Zielgruppe! Warum jemand ein Bild kauft, frage ich mich wirklich sehr oft. Schließlich braucht man so etwas nicht zum Leben (oder vielleicht doch?). Es tut nichts Besonderes (oder vielleicht doch?). Und es kann nichts außer rumhängen (oder vielleicht doch?). Die Frage muss wohl jeder für sich selbst beantworten. Es kam schon vor, dass Mickey und Donald verwechselt wurden bzw. total unbekannt waren, und trotzdem wurde das Bild gekauft. Irgendwas müssen diese Arbeiten wohl an sich haben…
– Kann man davon leben?
Es geht so gerade…
TEIL II
„Text ist Gestaltungselement“ Spätsommer 2001, im Atelier läuft die Buddha Bar CD, THS Grafik und Webdesigner der Generation Golf und J.D., the hard working artist, sitzen vor dem Mac und sind fast fertig. THS: Was mir an Deinen bisherigen Arbeiten aufgefallen ist, ist der konsequente J.D.: Ist die Frage ernst gemeint? Ja? THS: Es ist auffällig, daß Du teilweise bei den neuen Themen Deine Bilder nachträglich noch mal überarbeitest. Auch wenn die Serigraphie eher der „Serienherstellung“ dient, so ist zu erkennen, daß Du mit nachträglicher Überarbeitung des einzelnen Exemplares Deinen Bildern eine zusätzliche „Originalität“ verleihst. Wieder mehr hin zum Original? J.D.: War ich je weg vom Original? Genau das ist der Weg. Den Druckprozess als Serie umzukehren und ein Höchstmaß an Individualisierung zu erzielen. Ausschließlich Unikate innerhalb einer Auflage zu schaffen wäre z.B. ein Ideal, oder besser noch, keine Auflage mehr sondern nur noch „one of a kind“. Deshalb muß der ganze Arbeitsprozess in meinem Atelier stattfinden. Malen, rakeln, übermalen und wieder rakeln oder anders herum, bis es fertig ist und fertig ists wenn ich „sehe“, daß es gut ist… (oder ich fertig bin…) THS: Im Gegensatz zu Deinen Ölbildern, sind Deine neuen Bilder alles Serigraphien. Wer sich ein wenig in dieser Technik auskennt weiß, daß es einiger Vorbereitung bedarf bis das fertige Bild entsteht. Wie bereitest Du dich auf ein Bild vor? Welche Unterschiede gibt es in der emotionalen Erarbeitung eines Bildes gegenüber der traditionellen Ölmalerei? Ich könnte mir vorstellen, daß der Prozeß des „kreativ sein“ ein anderer ist als in der Ölmalerei? J.D.: Gute Frage THS! Die Motiventwicklung oder Findung unterscheidet sich nicht so sehr. Das Ölbild hat eine Grundidee und die wird innerhalb des Malprozesses THS: Wo gleich die Frage aufkommt, die Dir wahrscheinlich immer wieder gestellt wird, wie lange Du für ein Bild benötigst, möchtest Du wahrscheinlich nicht beantwortet, nein? J.D.: Doch, zwischen 3 Minuten und 3 Wochen. Nein, möchte ich nicht. Ist auch absolut ohne Bedeutung. Niemand findet etwas gut, nur weil lange daran gearbeitet wurde. THS: Fertigst Du Skizzen an bevor Du dich an das eigentliche Bild machst? Ich stelle mir das ziemlich schwierig vor, zumal Deine Bilder sehr viel Details enthalten. Ist das alles geplant, berechnet, kalkuliert? Kann Kunst geplant, berechnet, kalkuliert werden? J.D.: Du fragst das, was alle fragen! THS: Es gibt ja in der Gegenwartskunst kaum noch Überraschungen. Die öligen röhrenden Hirsche sind schon seit langem ausgestorben. Die Generation, die mit MTV groß geworden ist wird sich wohl keine „Klassiker“ oder „Sozialkritiker“ an die Wand hängen, statt dessen vielleicht einen Döring? J.D.: Ich bin auch Klassiker weil über 30, sozial und immer kritisch. Außerdem sehen auch die „Klassiker“ MTV und denken jünger… THS: Erzähl mal wie Du von der Ölmalerei zur Serigraphie gekommen sind. Was hat Dich dazu bewogen einen solchen Schnitt zu vollziehen? Nicht nur die Technik sondern auch der Stil haben sich ja von heute auf morgen nahezu komplett verändert. Und gleich meine darauffolgende Frage: Malst Du noch in Öl? J.D.: Es ist kein Schnitt. Vielmehr eine Ergänzung, Erweiterung, den Zweck dienend THS: Nein, wir müssen noch weitermachen… Aber wir sind gleich fertig. J.D.: Okay go ahead… THS: Muß man gut sein, um berühmt zu werden? J.D.: Ich glaube nicht, sonst wäre ich doch wohl schon ein V.I.P. (very important painter) THS: Muß man berühmt sein, um gut zu werden? J.D.: I feel good, so good… usw. (Achtung zweideutig, J.D. zitiert B.B.!), THS: Bist Du berühmt? J.D.: Ja teilzeitberühmt! Es soll hier und da den ein oder anderen geben der von mir gehört, gelesen oder gesehen hat… Immerhin, ist doch schon was, oder? THS: Jetzt reichts. J.D.: Mir auch…
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TEIL III
im Atelier läuft Yonderboi und Lemongrass. Und wieder sitzen the king of design mr. THS und the hard working artist Jörg Döring vor dem Apple Cube und haben den neuen Katalog fast fertig. Hinzu kommt Madmoiselle Caroline, die versucht die ganzen Nebenwirkungen um den Künstler und seine Kunst herum von diesem fernzuhalten. © 2003 Jörg Döring |